Das Wertgutachten – Sinn oder Unsinn im Marktgeschehen des Jahres 2021 ?

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Einblicke in den Teilmarkt Wohnen und warum ein qualifizierter Gutachter mehr denn je die allgemeinen statistischen Auswertungen zu hinterfragen hat …

Unbemerkt von der Masse gibt es ab Januar 2022 eine neue „Bibel“ für das Gutachterwesen im Immobilienbereich: die Immobilienwertermittlungsverordnung (#ImmoWertV2021). Es war von umfassender Überarbeitung die Rede, alles soll einheitlicher werden, präziser formuliert und diverse Richtlinien werden integriert. Für den erfahrenen Sachverständigen wird möglicherweise nicht viel bahnbrechend Neues dabei sein.

Ein perfektes Beispiel für „präzisere Formulierung“ war bereits 2010 zu finden, als in der damals überarbeiteten Verordnung aus dem allseits bekannten "Verkehrswert" der „Marktwert“ wurde.

In Wahrheit wird die Verwirrung nur größer, weil der Marktwert nun suggeriert, dass er dem Kaufpreis entspräche. Aber genau das tut er inzwischen kaum noch und hier liegt der Hase im Pfeffer.

 

Ein Gutachten muss zwar natürlich die Marktlage berücksichtigen, gleichwohl aber gemäß Baugesetzbuch auch die tatsächlich wertbeeinflussenden Merkmale der Immobilie (z.B. Bauschäden oder Instandhaltungsstau bis hin zur Kernsanierung, dingliche oder schuldrechtliche Belastungen und und und...).

Der Markt für Wohnimmobilien kennt im Jahre 2021 aber kaum noch „wertbeeinflussende Merkmale“. Es wird gekauft was gefällt und was zu haben ist. Wer lange prüft und Fragen stellt wird überholt von anderen Käufern. Genau dieser Markt, der seit Jahren aufwärts galoppiert, wird wiederum von den Gutachterausschüssen ausgewertet, woraus sich die jährlich erscheinenden Grundstücksmarktberichte ergeben. Und die #Preisspirale läuft und läuft.

Die vorsichtig ausgedrückt „ungesunde“ Preisentwicklung zieht sich inzwischen quer durch unterschiedlichste Regionen, auch in attraktive ländliche Gebiete. Ein Beispiel dafür ist der Landkreis Verden, 40 km südöstlich von Bremen im Herzen Niedersachsens. Der aktuelle #Grundstückmarktbericht des Gutachterausschusses hat #Sachwertfaktoren (übersetzt: Marktanpassungsquoten) von bis zu 1,8 auf den ermittelten Sachwert von Reihen/Doppelhäusern festgestellt. Je älter und sanierungsbedürftiger das Bewertungsobjekt umso größer die Anpassung; in diesem Fall schlappe 80% über einem ermittelten Sachwert. (Quelle: Grundstückmarktbericht 2021 GAA Sulingen-Verden, Seite 156).

Folgt ein #Gutachter nun ohne zu hinterfragen diesen Marktanpassungen des Grundstücksmarktberichtes, wird die Bewertung ad absurdum geführt. Denn genau in der Abwägung unter Berücksichtigung der objektspezifischen Eigenschaften liegt der Unterschied zwischen dem #Sachverständigenwesen und dem Immobilienmakler am Wohnungsmarkt. Denn der Makler verfolgt natürlich einen komplett anderen Ansatz, nämlich das bestmögliche Ergebnis für seine Kunden zu erzielen.

Aber welche fatalen Folgen können sich nun im Ernstfall ergeben, wenn allein die Statistik zur Wertermittlung herangezogen würde?

 

Versuchen wir eine beispielhafte Erläuterung:

Finanzämter nutzen unter anderem auch die Grundstücksmarktberichte für ihre Bewertungen zwecks Feststellung der Steuerlast z.B. bei einer #Erbschaft. Auch zur Überprüfung von Gutachten Dritter wird in der Regel ein Blick in die Berichte geworfen. Was passiert, wenn die Bewertung des Finanzamts nun 50-80 % über dem eigentlichen Gebäudewert liegt? Das #Finanzamt kennt das Haus und dessen Zustand nicht, auch die Umgebung und Nachbarschaft und sonstige wertbeeinflussende Faktoren des Objekts sind natürlich nicht bekannt.

Herangezogen wird außerdem eine fiktive Miete, die entweder aus einem Mietspiegel oder eben aus den Berichten der Gutachterausschüsse kommt. In einigen Bundesländern wird demnächst eine #Mietniveaustufe festgelegt, die der Festsetzung der reformierten Grundsteuer dient. Es liegt nahe, dass die betreffenden Finanzämter dann generell dieses Konstrukt „Mietniveaustufe“ heranziehen.

Die erzielbare Durchschnittsmiete im Ort oder im Stadtteil ist aber logischerweise für ein altes (durchaus schönes) Haus im unsanierten Zustand nicht maßgebend.

Noch verrückter wird das Ganze, wenn zeitnah die Belastung durch Nebenkosten bei energetisch nicht sanierten Gebäuden steigt und steigt. Die Schere zwischen Statistik und dem einzelnen Objekt (erzielbare Kaltmiete) wird immer größer, bis der Markt sich von selbst reguliert. Aber auch eine #Marktregulierung braucht seine Zeit.

Für Immobilienbesitzer wird es immens wichtig sein, die Festsetzungen zur Bemessung der reformierten #Grundsteuer wachsam zu prüfen – dies gilt zumindest in den Bundesländern, die dem Reformansatz der Bundesregierung folgen. Einmal fixiert, wird es möglicherweise schwierig, in den kommenden Jahren noch einen niedrigeren Wert nachzuweisen? Das ist eine Frage an die Juristen.

Für Gutachter wird es enorm wichtig, nicht nur die erforderliche Fachkenntnis zu haben und verständlich darlegen zu können, sondern auch über den Tellerrand und über Grenzen zu gucken. Globale Faktoren wirken sich in Zukunft auch auf „Omas Häuschen“ im Grünen aus. Klimaschutz und sich daraus ergebende energetische Forderungen der Politik; zusätzliche #Baukostensteigerungen aufgrund von Lieferengpässen und zunehmender Abschottung von wichtigen Teilmärkten, Möglichkeit einer längerfristig erhöhten Inflationsrate. Manches ist Kaffeesatz, manches bereits Gewissheit und in vielen Punkten werden Wahrscheinlichkeiten größer.

Faktoren, die gesichert in naher Zukunft zum Tragen kommen, müssen in das #Wertgutachten einbezogen werden. Qualifizierte Gutachter haben ein weites Feld zu beackern. Und genau das macht den Sinn des Wertgutachtens aus.

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